Musik theoretische Hintergründe

 

Das Mensural System

Kleine Geschichte zur Notation:

 

Ungefähr aus dem 8/9. Jh. stammen die ersten Handschriften Gregorianischer Choräle. Dafür wurden sogenannte Neumen benutzt. Damit wurden nur Angaben zur Richtung in welche gesungen wurde gegeben, die dazu dienten die Choralsänger in der bis dahin mündlich überlieferten Melodik zu untertützen. Die Musik zu dieser Zeit war auch noch einstimmig. Im Zuge der Entwicklung zur Mehrstimmigkeit in der Notre-Dame Epoche, vor allem durch Leonin ( ~ 1180 ) und Perotin ( ~1200 ) wurde die Rhythmik und Melodik differenzierter nud komplizierter. Der Musiktheoretiker Franco von Köln ( ~1280 ) erfand die Mensuralnotation ( von Messen, Maß ) um Tonhöhen und Notenlängen darzustellen. Er verwendete schwarze Noten. Es bestanden komplexe rhythmische Beziehungen zwischen den Notenwerten.Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wandelte sich diese Mensuralnotation, zahlreiche Verbesserungen und Bereinigungen wurden daran vorgenommen. Im 15./16. Jh. erreichte die polyphone Vokalmusik ihren Höhepunkt. Auch der Buchdruck wurde in dieser Zeit erfunden. Die damals gebräuchliche weiße Mensuralnotation sei anschliessend kurz vorgestellt, mit einem Beispiel der Übertragung in unser heutiges System, das daran anschliessend im 17 Jh. seine Form fand.

 

 

  Mensuralnotation
  Lat. Name
Maxima
Longa
Brevis
Semibrevis
Minima
Semiminima
Fusa
  Heutige Interpretation
4 Ganze

Bei der Übertragung muss das tatsächlich Tempo berücksichtigt werden. Die Vokalmusik der Renaissance ist im
allgemeinen sehr ruhig. Die obige Übersetzung ist keineswegs allgemeingültig es kann auch eine Longa auf eine
ganze Note abgebildet werden.

Beispiel:

Der Anfang der Bußpsalmen im Original, No2, Psalm 32:

Lat.: Beati quorum remissae sunt iniquitates et quorum tecta sunt peccata.
Dt. : Glücklich denen vergeben sind die Vergehen und denen bedeckt sind die Sünden.

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Die ersten Takte des Sopran ( Counter Tenor ) als Beispiel zur Übertragung:

 

Die Kirchentonarten

Im Mittelalter und in der Renaissance wurden 8 Kirchentonarten verwendet. Diese wurden bestimmt durch Tonumfang (Ambitus), Rezitationston (Tenor, T), Schlusston (Finalis, F) und typischen Wendungen (Kadenz, Melodieformeln). Der Ambitus ist meist eine Oktave, die Finalis enstpricht einer Art Grundton (Tonika) und der Tenor ist ein tonales Zentrum, um den sich die Melodie bewegt. In der nachfolgenden Tabelle ist dies zusammenfassend dargestellt.

    A H c d e f g a h c' d' e' f' g' a'
1. Modus Dorisch       F       T              
2. Modus Hypodorisch       F   T                  
3. Modus Phrygisch         F         T          
4. Modus Hypophrygisch         F     T              
5. Modus Lydisch           F       T          
6. Modus Hypolydisch           F   T              
7. Modus Mixolydisch             F       T        
8. Modus Hypomixolydisch             F     T          

Im 16. Jahrhundert wurde dieses System auf 12 Tongeschlechter erweitert (GLAREAN).

    G A H c d e f g a h c' d' e' f' g' a'
Moll Äolisch                 F       T      
  Hypoäolisch                 F   T          
Dur Ionisch       F       T                
  Hypoionisch       F   T                    

Im 17. Jahrhundert wurden durch die temperierte Stimmung die Kirchentonarten verdrängt. Äolisch und Ionisch entwickelten sich zu Dur und Moll.

Typische Melodieformen:

1. Modus, dorisch , 1. Modus, dorisch

3. Modus, phrygisch, 5. Modus, lydisch

 

Zarlino

Zarlino ist einer der bedeutensten Musiktheoretiker des 15./16. Jahrhunderts neben Glarean.

Die Messe

Die Messe (lat. Missa) ist zum einen die feste Form die den Ablauf des Gottesdienstes regelt. Ihr Ablauf nahm ab dem 5. Jahrhundert eine geregelte, einheitliche Form an, und ist im Aufbau bis heute prinzipiell so geblieben.Die Messe als musikalische Form ist die Vertonung der zugrunde liegenden Texte unter Beachtung ihres liturgischen Ablaufs.

Es wird zwischen festen Textteilen, dem Ordinarium, und zyklischen, dem Kirchejahr folgenden, sonntäglich wechselnden Texten, dem Proprium, unterschieden.

 
Ordinarium
 
Proprium

Weiter unterscheiden kann man 3 verschiedene Vortragsarten:

  • solistisch: Vorsänger
  • responsorisch: Wechsel zwischen Vorsänger und Chor
  • antiphonisch: Wechsel zweier Chöre

 

Gottesdienst    

Introitus

antiphonisch
Einzugsgesang
Kyrie eleison
antiphonisch
Ruf um Erbarmen
Gloria in excelsis Deo
antiphonisch
Logbesang
Oratio
solistisch
Priestergebet
Epistel
solistisch
Lesung ( liturgisches Rezitativ )
Graduale
responsorisch
tropierende Gesänge
Alleluia
responsorisch
Evangelium
solistisch
Lesung ( liturgisches Rezitativ )
Predigt
gesprochen
Predigt
Credo in unum Deum
antiphonisch
Glaubenbekenntnis
Oratio communis
solistisch
Fürbitte
Eucharistiefeier    
Offertorium
antiphonisch
Opfergesang
Oratio secreta
solistisch
Opfergebet
Praefation
solistisch
Hochgebet , Kernstück der Messe
Sanctus / Benedicamus
antiphonisch
Heiligruf
Canon missae
gesprochen
Wandlung von Wasser und Wein
Pater noster
solistisch
Vaterunser
Libera nos
solistisch
Fürbitte
Kommunionfeier  
Brotbrechung
gesprochen
Brotbrechung
Agnus Dei
antiphonisch
Lamm-Gottes-Ruf
Communio
antiphonisch
Kommunion
Postcommunio
solistisch
Nachgebet
Ite missa est
solistisch
Entlassungsruf , Gemeindeantwort: Deo Gratias
Segen
gesprochen
 
     

Bei Feiertagen und in Buß- und Fastenzeiten kommen noch weitere Gesänge hinzu.

Die Vertonung der Komponisten der Renaissance richten sich vor allem an die Ordinariumsteile. Das Proprium
zu vertonen scheitert an der schieren Menge der Gesänge des Kirchenjahres.

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last edited 06/14/2001 9:10 PM
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